Laryngorhinootologie 2021; 100: 294-296
DOI: 10.1055/a-1307-3374
Anhand eines weiblichen Neugeborenen soll das seltene Krankheitsbild der konnatalen Nasenagenesie vorgestellt werden. In der Schwangerschaft fielen eine intrauterine Wachstumsrestriktion mit Polyhydramnion und eine Mittelgesichtshypoplasie auf. Das Atemwegsmanagement nach primärer Sectio in der 38 + 4 SSW gelang mittels Schienung durch einen Güdel- bzw. im Verlauf Rachentubus ohne Zeichen einer respiratorischen Insuffizienz. Neben der vollständigen Nasenagenesie zeigten sich bei unauffälligen zerebralen Strukturen ein Hypertelorismus, ein gotischer Gaumen, ein beidseitiger Mikrophthalmus und Iriskolobom. Die Nahrungsaufnahme wurde mit einer orogastralen Sonde sichergestellt, durch Trinktraining und einen speziellen Schnuller konnten eine bessere Koordination und Trinkleistung erzielt werden. Der sich bei assoziierten Fehlbildungen ergebende Verdacht auf ein Bosma-Arhinie-Mikrophthalmie-Syndrom (BAMS) wurde humangenetisch durch den Nachweis einer heterozygoten de novo Mutation im SMCHD1-Gen, welches eine Schlüsselfunktion in der Embryogenese der menschlichen Nase spielt, bestätigt (c.1043A > G; pHis348Arg). Aus neonatologischer Sicht ist oftmals die initiale Kreißsaal-Versorgung eine Herausforderung: Patienten mit Nasenagenesie werden häufig postpartal intubiert und elektiv tracheotomiert. Bei fehlender respiratorischer Problematik und Nahrungsaufnahme mit perzentilengerechtem Wachstum besteht jedoch keine dringliche Indikation zur frühzeitigen plastisch-chirurgischen Versorgung, insbesondere da diese mit Gefahren wie Sepsis und Wachstumsstörungen im Mittelgesicht behaftet ist.
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